Pulse of Europe: Europas Bürger erheben sich

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Pulse of Europe
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Sie mobilisieren sich in Frankfurt, Dresden, Lissabon oder Paris, um für etwas auf die Straße zu gehen, nicht um gegen etwas zu demonstrieren. Sie erheben ihre Stimme für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und die Achtung der Menschenwürde. Alles in allem: für die Rechte und Freiheiten der Europäischen Union. Die Europa-Befürworter der Bürgerbewegung Pulse of Europe wollen die Straßen und Plätze nicht länger den Rechtspopulisten überlassen.

 

Die Schockstarre Europas, oder: Ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre

Als am 8. November vergangenen Jahres der heutige US-Präsident Donald Trump die Wahl zum 45. Präsidenten der USA für sich entschied, ging ein Ruck durch die Welt. Angesichts des EU-Austritts Großbritanniens sowie steigender Wahlerfolge rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien in Europa, schien Trumps Triumph dem Ganzen (oder besser gesagt dem Politikjahr 2016) die Krone aufzusetzen. Enttäuscht, frustriert und desillusioniert musste man sich die Fragen stellen: Wie konnte es nur so weit kommen? Wieso unternimmt denn keiner etwas gegen den Trend der Nationalisierung? Oder gar: Geben wir uns wirklich einfach kampflos geschlagen? So oder so ähnlich müssen auch die Frankfurter Rechtsanwälte Sabine und Daniel Röder damals über die Lage Europas diskutiert haben. Den beiden war klar: Europas Bürger brauchen eine Stimme, Europas Bürger müssen sich erheben.

 

Röders Werk und des Bürgers Beitrag

Die Idee, Europas Bürger lautstark zu mobilisieren, fand schnell einen Namen: Pulse of Europe. Die pro-europäische Bürgerbewegung verfolgt das Ziel, „den europäischen Gedanken wieder sichtbar und hörbar zu machen“, so die Macher der unabhängigen und überparteilichen Initiative. Über soziale Medien und private Netzwerke organisiert, fanden Röder und Röder schnell weitere Anhänger, sodass die erste öffentliche Versammlung bereits Ende November 2016 in Frankfurt am Main stattfand, an der circa 200 Personen teilnahmen. Die Initiatoren betonen immer wieder, dass die Bewegung sich aus privaten Mitteln der jeweiligen Veranstalter sowie aus Spenden finanziert. In wöchentlichen Abständen erfolgen seit Januar 2017 weitere Demonstrationen und seit dem 12. Februar auch in anderen deutschen Städten wie Freiburg, Karlsruhe und Köln. Schon allein zu diesem Zeitpunkt nahmen in der Metropole am Main allein circa 1.700 Menschen an der Bürgerbewegung teil. Die Tendenz steigt weiter: Von Bremen nach München, von Straßburg bis Montpellier und sogar in der britischen Kleinstadt Bath, der Pulse of Europe verbreitet sich bis heute wie ein Lauffeuer. Am 12. März fanden nach offiziellen Angaben in 36 deutschen und fünf französischen Städten sowie in Brüssel und Lissabon Kundgebungen mit ungefähr 16.000 partizipierenden Bürgern statt.

 

 

Die Leidenschaft europäisch zu sein

PoE

Obwohl Europas neue Bürgerinitiative „keine parteipolitischen Ziele“ verfolgt, hat die Bewegung zehn Punkte artikuliert, welche für ihr Handeln maßgeblich sind. Vor allen Dingen zählt hierzu der Aufruf, sich öffentlich für die Sicherung der europäischen Grundfreiheiten sowie zur europäischen Idee an sich zu bekennen. Auch im Zuge einer europäischen Identität liefert das Programm von Pulse of Europe Antworten. Die Bürgerinitiative definiert europäische Identität als etwas, das den Erhalt der regionalen und nationalen Vielfalt einschließt, welche als Bereicherung wahrgenommen wird. Wie lautet nun die Hauptmotivation von Pulse of Europe? Gründer Röder findet im Interview mit Legal Tribune Online passende Antworten: „Primär will Pulse of Europe im Moment die stillen Befürworter Europas motivieren. Daneben ist es jedoch gerade auch wichtig, auf die zuzugehen, die Bedenken, Ängste oder Wut gegen die europäischen Institutionen hegen“, so Röder. Aber der Gründer der Bürgerbewegung denkt bereits mit Blick auf das Wahljahr 2017 an die Zukunft und hofft, „einen Großteil der Bevölkerung hinter sich zu haben, der an Europa festhalten will.“ Röder wolle für die „bislang schweigende Mehrheit“ mit Pulse of Europe einen Anreiz setzen, „um den pro-europäischen Gedanken in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.“

 

Bisher hieb- und stichfest gegenüber Kritik

Europas rasant wachsende Bürgerbewegung scheint bisher auch gegen Kritik gut gerüstet zu sein. Erste Rufe werden lauter, Europas neue Bürgerinitiative sei zu wenig kritisch und zu inhaltslos. Aber wer genau hinsieht, wird schnell merken, dass Pulse of Europe keine Protestbewegung im klassischen Sinne ist. Ihr Anspruch ist es vielmehr, bei den Bürgern Leidenschaft für ein gemeinschaftliches, solidarisches Europa zu wecken und ihnen eben für diese ein Forum zu bieten. Eine klassische „Antihaltung“ ist dafür nicht nötig, wohl wissend, dass in der EU nicht alles Gold ist, was glänzt.

Wem die europafreundliche Initiative zu wenig politisch erscheint, sollte sich die Bilder aus Köln oder Stuttgart ansehen. Am vergangenen Sonntag bekannten die Organisatoren samt allen Demonstranten politisch Farbe und umhüllten ganze Plätze in „Oranje“ – ein deutliches Zeichen für die Wahl in den Niederlanden. Auch von der geäußerten Kritik an Daniel Röder, welcher die Bewegung ausnutze, um Klienten für seine Kanzlei zu werben, kann keine Rede sein. Aufgrund des gewaltigen Interesses an ihm und seiner ins Leben gerufenen Bewegung musste er vorerst seine Tätigkeiten als Anwalt auf ein Minimum reduzieren und versucht nun, die Organisation europaweit einigermaßen zu steuern. Es gibt gewiss einfachere Aufgaben.

 

Was Pulse of Europe wirklich verändert

Die Frage, die sich stellt ist: Was verändert Pulse of Europe? Kann die Bürgerbewegung wirklich eine Brücke zwischen Europas Bürgern und ihren Institutionen schlagen? Und wie lange kann die neugewonnene Leidenschaft für Europa bestehen?

Eines vorweg: Wenn man »Leidenschaft« im Duden nachschlägt, steht unter anderem geschrieben, sie sei „große Begeisterung für eine bestimmte Tätigkeit, der man sich mit Hingabe widmet.“ Politischer Enthusiasmus ist bis heute der leidenschaftliche Motor, der die Bewegung antreibt. Das Haltbarkeitsdatum von Pulse of Europe ist bereits erkennbar. Die Bewegung soll in dieser Form bis zum 7. Mai, dem Tag der französischen Stichwahl, gehen. Aber was kommt danach? Was bleibt vom Pulse of Europe übrig, wenn die neu entdeckte politische Leidenschaft für Europa irgendwann einmal wieder nachlassen wird? Ein Blick auf die Gründungsmotivation verrät hier mehr. Die Bewegung entstand, weil man sich um Europa sorgte, sogar Angst um Europa hatte. Angst, dass aus der EU ein Scherbenhaufen werden könnte, an dem sich noch unsere Enkelkinder schneiden würden.

Bereits drei Monate nach der ersten Kundgebung scheint ein Wandel bei den Demoteilnehmern und in der Öffentlichkeit stattzufinden. Aus anfänglichen Sorgen und Ängsten ist das Gefühl entstanden, nicht alleine zu sein. Aus einer anfänglichen Ohnmacht gegenüber dem wachsenden Rechtspopulismus ist eine neue Zuversicht entstanden. Und aus einer weitreichenden Sprachlosigkeit der europäischen Bürger ist eine neue, eine europäische Bürgerbewegung entstanden, wie man sie selten gesehen und nur schwer für möglich gehalten hat.

Pulse of Europe scheint momentan das zu schaffen, woran die europäischen Institutionen bisher kläglich gescheitert sind: ihren Bürgern eine Stimme zu verleihen. Und Europas Bürger werden gehört. Der Bürgerdialog schaffte es bereits auf die Agenda des Deutschen Bundestags. „Europa“ scheint nach jahrelanger Tristesse nicht mehr ein Exklusivthema für Rechtspopulisten sowie EU-Skeptiker zu sein und scheint endlich bei den Bürgern und in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. Dies stärkt die bürgerliche Partizipation und die Schaffung einer europäischen Zivilgesellschaft und das ist gut so.

 

Die Lauten Europäer werden ab diesem Sonntag, den 19. März, gemeinsam mit vielen weiteren Tübinger Bürgern den Pulse of Europe in Tübingen organisieren. Die Veranstaltung wird jeweils um 14 Uhr auf dem Holzmarkt stattfinden. Über zahlreiche Demonstranten würden wir uns sehr freuen.

1 Kommentar

  1. Wilfried sagt:

    Es geht mir nicht darum gegen etwas zu sein, auch nicht gegen rechtspopulisten. Es geht darum,,Europa zu leben, denn da haben die offiziellen Amtswalter versagt, und je lauter und linker sie für Europa lamentierten, desto tiefer ritten sie es in den Dreck. mir geht es um die anderen Europäer, nicht um 225.000€-Jobber.

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